Weihensaison 2024
Veröffentlicht amWeihensaison 2024
Veröffentlicht am 16.10.2024
Eine durchwachsene Weihensaison endet. Der Brutbestand der Wiesenweihe in der Hellwegbörde sank von 34 Paaren im Vorjahr auf 28 im Jahr 2024. Trotz einiger früher Brutverluste konnten wir keine Nachbruten feststellen. Bis auf eine Ausnahme, lagen alle Brutplätze der Wiesenweihe innerhalb der Abgrenzung des EU-Vogelschutzgebietes (VSG) Hellwegbörde. Ein Nest lag südlich des Gewerbegebietes Haltiger Feld in Salzkotten und lag damit knapp außerhalb der Schutzgebietskulisse.
Das Brutverbreitungsbild der Wiesenweihe ähnelte dem aus dem Vorjahr: Das größte Dichtezentrum war erneut mit 14 Brutpaaren (gegenüber 17 im Vorjahr) der Großraum Langeneicke-Geseke-Salzkotten. Zwischen Soest und Erwitte waren es sechs Brutpaare (sieben im Vorjahr) und auf dem Haarstrang brüteten zwei Paare. Zwei Brutpaare siedelten sich erneut im Raum Westereiden an. Außerdem gab es auch in diesem Jahr wieder ein Paar im Kreis Unna bei Westhemmerde sowie erneut zwei Paare zwischen Berwicke und Borgeln südlich des NSG Ahsewiesen. Wie schon im Vorjahr siedelten die Wiesenweihen vorwiegend einzeln oder zu zweit (Nestabstände < 600 m); der niedrigste Abstand zweier Nester betrug 65 m: bei Geseke am NSG Stockheimer Bruch brüteten in einem Feld zeitgleich vier Paare. Im Frühjahr bis Sommeranfang waren an weiteren Stellen Wiesenweihenpaare mit brutverdächtigen Verhalten zum Teil über mehrere Wochen zu beobachten, ohne dass ein Brutnachweis gelang: je ein Paar bei Klotingen, Lippetal nähe NSG Alpbach und Bosenholz.
Aus NRW wurden uns vier weitere Brutpaare der Wiesenweihe für das Jahr 2024 gemeldet: eines im Kreis Euskirchen, zwei im Rhein-Erft Kreis (M. Fehn) und eins im Kreis Minden-Lübecke (L. Meckling). Weitere Bruten der Wiesenweihe aus NRW sind uns nicht bekannt.
Das Bestandsniveau der zwischen Unna und Paderborn in landwirtschaftlichen Kulturen brütenden Rohrweihen lag bei 13 Bruten gegenüber 18 Bruten im Vorjahr, darunter 12 innerhalb des VSG Hellwegbörde. Bei der Rohrweihe ist nach vorläufigem Auswertungsstand von nur rund 30 Brutpaaren innerhalb des VSG Hellwegbörde auszugehen. Das größte Dichtezentrum mit fünf Brutpaaren befand sich im/um das NSG Ahsewiesen; in einigen weiteren Feldfluren waren adulte brutverdächtige Rohrweihen zu beobachten, bei denen es nicht zur Brut kam. Die gewöhnlich ab der zweiten Maihälfte vermehrt auf dem Haarstrang auftretenden, noch nicht geschlechtsreifen Rohrweihen, die hier mausernd übersommern, waren erneut nur in geringen Zahlen auf zwei großen Kontrollflächen zu beobachten.
In diesem Jahr gab es eine kleine Besonderheit im Vogelschutzgebiet. Nach 14 Jahren brütete ein Kornweihenpaar in der Hellwegbörde. Dies war der dritte Brutnachweis der Kornweihe in der Hellwegbörde seit über 40 Jahren und der sechste für NRW, obwohl die Art bei uns als ausgestorben gilt. Das Paar brütete in einer Feldgrasfläche in der Nähe des „Sommerhofs“ zwischen Altengeseke und Klieve. Ein Jungvogel ist flügge geworden.
Steppenweihen wurden am Anfang der Brutzeit im Bearbeitungsgebiet beobachtet. Ein Männchen hielt sich mehrere Tage im Bereich der Ahsewiesen auf. Dort balzte es mit einem Wiesenweihenpaar bei Borgeln. Außer dem Paar beim Sommerhof gab es nur eine weitere Kornweihensichtung eines adulten Weibchens nach Ende April. Sumpfohreulen wurden in der Brutzeit in diesem Jahr nicht beobachtet bzw. gemeldet.
Standardisierte Mäuseloch-Erfassungen auf über 100 Stoppelfeldern im Juli und August erbrachten im Schnitt am Hellweg und auf dem Haarstrang ähnlich wie im Jahr 2022 die niedrigsten Dichten seit dem Jahr 2006. Höchste Dichten wurden in Feldfluren bei Westhemmerde, Borgeln, Völlinghausen, Stirpe und Bökenförde sowie zwischen Geseke und Salzkotten ermittelt. Große, offene Jagdflächen entstanden in der Brutzeit erstmals durch die Mahd von Feldgras- und Grünroggenflächen von Ende April bis Mitte Mai. Die Getreideernte setzte früh, Ende Juni ein, nahm aber erst ab dem 6. Juli deutlich zu. So waren nach eigenen Erhebungen in den Tieflagen am 12. Juli über 90% der Gersten-Schläge abgeerntet und boten viele günstige Jagdhabitate.
Wiesenweihen brüteten fast ausschließlich in der Wintergerste und nur ein Paar im Feldgras. Mit insgesamt 50 flüggen Wiesenweihen bzw. 1,79 Jungvögeln pro Brutpaar wurde eine unterdurchschnittliche Fortpflanzungsziffer in Mittel-/Ostwestfalen erzielt. Ein wahrscheinlicher Grund dafür ist wohl das geringe Feldmausangebot, sodass es bei vielen Paaren auch zu einzelnen Jungvogelverlusten durch Verhungern kam. Ein weiterer Grund war die erneut hohe Prädationsrate von 30 %. Sechs Erstbruten scheiterten allesamt in der Eiphase, Spuren wiesen meist auf Säugetiere als Verursacher hin. Sieben weniger als vier Wochen alte Wiesenweihen wurden prädiert, davon fünf trotz Schutzzaun. Aufgrund der verhältnismäßig frühen Ernte brauchten alle Wiesenweihen eine Ernteschutzzone. Bis auf ein paar Ausnahmen wurden alle Jungvögel der Wiesenweihe mit einem metallenen Vogelwartering und zusätzlich am anderen Bein mit einem weißen Farbring mit zwei Ziffern beringt, welche unter geeigneten Bedingungen mit einem Spektiv ablesbar sind.
In dieser Brutsaison gab es eine Rekordzahl an sechs gemeldeten auswärtigen Farbring-Ablesungen. Darunter waren vier vorjährige Wiesenweihen, was auch mit der Rekordzahl an 86 beringten westfälischen Jungvögel im Jahr 2023 zusammenhängen dürfte. Zwei vorjährige Männchen wurden im Juni bzw. Juli im Brutgebiet Diepholzer Moorniederung von L. Boldt bzw. J. Wobker gesichtet; ein weiteres am 9. Juli nördlich von Krakau in Polen (D. Mikulski), was 820 km östlich vom Geburtsort liegt. Erstmals wurde aus England der abgelesene weiße Farbring einer westfälischen Wiesenweihe (R. Wyatt) gemeldet; das vorjährige Weibchen wurde am 26. Juli und 4. August bei Wantage fotografiert, was 680 km westlich vom Geburtsort liegen. Zwei adulte westfälische Wiesenweihen mit weißem Ring wurden in weiter nördlich gelegenen Brutgebieten beobachtet: ein Weibchen brütete nach erfolgreicher Brut bei Langeneicke im Vorjahr in diesem Jahr in der Diepholzer Moorniederung (L. Boldt) und ein Männchen, das im Jahr 2020 bei Horn aufwuchs, brütete nun erfolgreich bei Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke (L. Meckling)
Die zwölf in landwirtschaftlichen Kulturen entdeckten Nester der Rohrweihe verteilten sich auf: Wintergerste zehn und ein Nest im Winterweizen. Der Bruterfolg der Rohrweihe in den 12 Ackerbruten (insgesamt 22 Flügge) war mit 2,33 pro Brutpaar höher als in den letzten Jahren. Sechs Gelege wurden wahrscheinlich durch Säugetiere prädiert. Bei einigen Nestern wurden einzelne Jungvögel kurz vor dem Flügge werden von Säugetieren prädiert. Aufgrund des hohen Brutbestandes der Wiesenweihe und dem begrenzten Bestand an Schutzzäunen wurden nur einige Rohrweihennester mit einem Elektroschutzzaun (25 x 25 m) und mit den Gitterschutzzäunen umzäunt. 21 Jungvögel konnten nur dank einer Ernteschutzzone ausfliegen.
Alle Landwirte bzw. Bewirtschafter von Feldern mit noch nicht flugfähigen Jungvögeln zum Erntestart beteiligten sich bereitwillig am Schutzprogramm. Sie erhielten den Ertragsausfall für die eingerichteten Schutzzonen aus Landesmitteln erstattet. Insgesamt ergab sich eine hohe Zahl von 28 Schutz-Vereinbarungen (25 in Gerste, 3 in Feldgras) mit 21 Landwirten. Es wurden im Jahr 2024 keine neuen Weihennester bei der Ernte gefunden und gemeldet, die uns vorher verborgen geblieben waren.
Das Weihenteam
Patrick Hundorf, Jan Butterweck, Nicolas Nierling und Hubertus Illner