Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.
Biologische Station Soest

Weihensaison 2023

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Der Brutbestand der Wiesenweihe in den Hellwegbörden erhöhte sich von 22 Paaren im Vorjahr auf 34 im Jahr 2023. Zusätzlich gab es ein Brutpaar bei Beckum, etwas außerhalb des Bearbeitungsgebietes. Letztmals gab es im Jahr 2010 mit 33 Brutpaaren einen ähnlich hohen Brutbestand; in den 1990er Jahren betrug er noch bis zu 44 Paaren: Von den 39 Brutplätzen (34 Erstbruten und vier Ersatzbruten) lagen  nur drei Nester nicht innerhalb der Abgrenzung des EU-Vogelschutzgebietes (VSG) Hellwegbörde: einer bei Beckum (Kreis Warendorf) und zwei westlich von Salzkotten. Das Bestandsniveau der zwischen Unna und Paderborn in landwirtschaftlichen Kulturen brütenden Rohrweihen lag bei 18 Bruten gegenüber 13 Bruten im Vorjahr, darunter 16 innerhalb des VSG Hellwegbörde.

Das Brutverbreitungsbild der Wiesenweihe veränderte sich zu dem aus dem Vorjahr: das größte Dichtezentrum war erneut mit 17 Brutpaaren (gegenüber 12 im Vorjahr) der Großraum Langeneicke-Geseke-Salzkotten, wobei im Dichtezentrum um Langeneicke mit einem Paar deutlich weniger Paare gebrütet haben als in den Jahren zuvor. Zwischen Soest und Erwitte waren es sieben Brutpaare (gegenüber sechs im Vorjahr) und auf dem Haarstrang brüteten mit acht (und eine Ersatzbrut) ungewöhnlich viele. Westlich von Soest gab es in diesem Jahr mit vier deutlich mehr Brutpaare als in den letzten Jahren. Ein Brutnachweis bei Volbringen und seit einigen Jahren auch wieder ein Paar im Kreis Unna bei Siddinghausen. Erstmals brüteten zwei Paare Wiesenweihen zwischen Berwicke und Borgeln südlich des NSG Ahsewiesen. Die Paare brüteten nur wenige 100 m voneinander entfernt.  Wie schon im Vorjahr siedelten die Wiesenweihen vorwiegend einzeln oder zu zweit (Nestabstände < 600 m); die niedrigsten Abstände zweier Nester betrugen 47 m (eine Erst- und eine Ersatzbrut bei Ebbinghausen) und 59 m (östlich vom NSG Stockheimer Bruch). Im Frühjahr bis Anfang Sommer waren an weiteren Stellen Wiesenweihenpaare mit brutverdächtigen Verhalten längere Zeit, zum Teil über mehrere Wochen zu beobachten, ohne dass ein Brutnachweis gelang: je ein Paar bei Schlückingen, Gerlingen, Klotingen, Langeneicke und Bosenholz sowie ein bis zwei nördlich von Oestereiden.

Aus NRW wurde uns fünf weitere Brutpaare der Wiesenweihe für das Jahr 2023 gemeldet: vier in den Kreisen Euskirchen, Rhein-Erft (zwei) und Düren mit zwei erfolgreichen Bruten mit je vier Jungvögeln und zweidabeiBrutverlusten durch Lagergetreide (M. Fehn). Eine Brut gab es noch im Kreis Minden-Lübbecke (L. Boldt) Der Landesbestand der Wiesenweihe im Jahr 2023 betrug 39 Brutpaare  gegenüber 24 im Vorjahr.

Bei der Rohrweihe ist nach vorläufigem Auswertungsstand von nur rund 30 Brutpaaren innerhalb des VSG Hellwegbörde auszugehen. Das größte Dichtezentrum mit fünf Brutpaaren befand sich im/um das NSG Ahsewiesen; In einigen weiteren Feldfluren waren adulte brutverdächtige Rohrweihen zu beobachten, die wohl nicht zur Brut schritten. Die gewöhnlich ab der zweiten Maihäfte vermehrt auf dem Haarstrang auftretenden, noch nicht brütenden immaturen Rohrweihen, die hier mausernd übersommern, waren erneut nur mäßig häufig auf zwei großen Kontrollflächen zu beobachten.

Zwei Weihen-Brutplätze waren im Jahr 2023 weniger als 320 m vom Mast der nächsten Windenergieanlage (WEA) entfernt. Im Bereich der beiden WEA Lippetal Unterberg II brütete erneut ein Rohrweihenpaar, ein Nest war ca. 200 m  von einer der WEA entfernt. Ein weiteres Paar brütete ca. 300 m von der nächsten WEA entfernt in Nordwald bei Herzfeld. Diese Nestdaten wurden umgehend der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Soest gemeldet. Der Kreis Soest setzte in Folge wieder auf eine freiwillige Abschaltung durch die Betreiberfirma ProWind, die sich auf niedrige Windgeschwindigkeiten in den Hauptaktivitätszeiten beschränkte. Abschaltungen hatte dies unserer Beobachtung nach nicht zur Folge.

Steppenweihen wurden in der Brutzeit im Bearbeitungsgebiet nicht beobachtet, nur einmal in der Rückzugphase im April und einige Male in der Wegzugphase (Daten aus ornitho.de). Nach verschiedenen Beobachtungen gab es  zwei Beobachtungen weibchenfarbiger Kornweihen Im Bereich Neuengeseke und der Kahlen Mark. Sumpfohreulen wurden Ende Mai im Sintfeld und bei Menzel beobachtet, allerdings ohne dass es Hinweise auf eine Brut gab.

Standardisierte Mäuseloch-Erfassungen auf über 100 Stoppelfeldern im Juli und August erbrachten im Schnitt am Hellweg, auf dem Haarstrang und auf der Paderborner Hochfläche mäßig hohe Dichten. Höchste Dichten wurden in Feldfluren östlich von Werl, bei Sieveringen, Ostereiden und zwischen Geseke und Salzkotten ermittelt. Große, offene Jagdflächen entstanden in der Brutzeit erstmals durch die Mahd von Feldgras- und Grünroggenflächen von Ende April bis Mitte Mai. Die Getreideernte setzte früh, Ende Juni ein,  nahm aber erst ab dem 6. Juli deutlich zu, so dass in den Tieflagen am 12. Juli nach eigenen Erhebungen über 90% der Gersten-Schläge abgeerntet waren und so viele günstige Jagdhabitate boten.

Wiesenweihen brüteten hauptsächlich im Wintergetreide und selten im Feldgras: in Gerste 23, im Weizen 13, Triticale drei und in Feldgras zwei Nester. Mit insgesamt 86 flüggen Wiesenweihen bzw. 2,46 Jungvögeln pro Brutpaar wurde eine überdurchschnittliche Fortpflanzungsziffer in Mittel-/Ostwestfalen erzielt. Die Anzahl von 86 flüggen Jungvögel ist die höchste Anzahl von jungen Wiesenweihen in den letzten 20 Jahren; im Jahr 2007 waren es 83 Flügge bei 32 Brutpaaren. Sechs Erstbruten scheiterten allesamt in der Eiphase, Spuren wiesen meist auf Säugetiere als Verursacher hin. Sieben weniger als vier Wochen alte Wiesenweihen wurden prädiert, davon fünf trotz Schutzzaun. In sechs Nestern mit beringten Jungvögeln wurde jeweils ein noch nicht flugfähiges Junges prädiert. Wegen der witterungsbedingt sehr späten Ernte von Weizen flogen die Jungen einiger Bruten im Winterweizen und Triticale vor der Ernte aus. Fast alle Jungvögel der Wiesenweihe wurden beringt: mit einem metallenen Vogelwartering und zusätzlich am anderen Bein mit einem weißen Farbring mit zwei Ziffern, die unter geeigneten Bedingungen mit einem Spektiv ablesbar sind.

Die 18 in landwirtschaftlichen Kulturen entdeckten Nester der Rohrweihe verteilten sich auf: Wintergerste 11, Triticale zwei, Raps zwei und Winterweizen drei. Der Bruterfolg der Rohrweihe in den 18 Ackerbruten (insgesamt 22 Flügge) war mit 1,22 pro Brutpaar erneut niedrig. Acht Gelege wurden wahrscheinlich durch Säugetiere prädiert. Bei einigen Nestern wurden einzelne Jungvögel kurz vor dem Flügge werden von Säugetieren prädiert. Aufgrund des hohen Brutbestandes der Wiesenweihe und den begrenzten Bestand an Schutzzäunen wurde nur ein Rohrweihennest mit einem Elektroschutzzaun (25 x 25 m) geschützt. 18 Jungvögel konnten nur dank einer Ernteschutzzone ausfliegen. Bis auf eine Ausnahme waren die Schutzzonen 50 m x 50 m groß.

Alle Landwirte bzw. Bewirtschafter von Feldern mit noch nicht flugfähigen Jungvögeln zum Erntestart beteiligten sich bereitwillig am Schutzprogramm. Sie erhielten den Ertragsausfall für die eingerichteten Schutzzonen aus Landesmitteln erstattet. Insgesamt ergab sich eine hohe Zahl von 23 Schutz-Vereinbarungen mit 21 Landwirten. Die 23 Schutzzonen verteilen sich auf: Gerste 17, Weizen vier und Feldgras zwei. Aufgrund des witterungsbedingten Ernteverzuges bei Triticale und Weizen konnte auf einige Schutzzonen verzichtet werden. Es wurden im Jahr 2023 keine neuen Weihennester bei der Ernte gefunden und gemeldet, die uns vorher verborgen geblieben waren.

Unser besonderer Dank gilt allen am Weihenschutz teilnehmenden Landwirten für das Verständnis und die gute Zusammenarbeit. Ohne dieses Miteinander wäre der Schutz dieser seltenen Greifvögel nicht möglich.

P. Hundorf, H. Illner, J. Butterweck,. O. Zimball u. N. Nierling