Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.
Biologische Station Soest

Weihen 2021

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Der Brutbestand der Wiesenweihe in den Hellwegbörden hat sich im Jahr 2021 von dem niedrigen Niveau der Vorjahre (16 bis 24 Brutpaare) auf 29 Brutpaare erhöht. Im Jahr 2014 war der Bestand genauso groß, 2007 und 2010 mit 32 bzw. 33 Paaren etwas höher, in den 1990er Jahren allerdings mit 34 bis 44 Paaren noch deutlich höher. Von den insgesamt 32 Brutplätzen (29 Erst- und 3 Ersatzbruten) lagen 30 innerhalb der Abgrenzung des EU-Vogelschutzgebietes (VSG) Hellwegbörde. Rohrweihen blieben im Bearbeitungsgebiet zwischen Unna und Paderborn auf einem niedrigen Bestandsniveau, 14 Bruten wurden in landwirtschaftlichen Kulturen festgestellt. Westlich der L 670 Soest-Berwicke wurde im Kreis Soest bzw. im östlichen Kreis Unna nur ein Brutpaar festgestellt, nämlich in der Strangbachaue östlich von Hilbeck. Überraschend war ein Brutvorkommen in einem Weizenfeld bei Unterallen (Stadtgebiet Hamm).

Das Brutverbreitungsbild der Wiesenweihe ähnelte grob dem des Vorjahres: das Dichtezentrum war erneut mit 14 Brutpaaren der Großraum Langeneicke-Geseke-Salzkotten; relativ viele Paare brüteten noch zwischen Soest und Erwitte (8 gegenüber 6 im Vorjahr); auf dem Haarstrang brüteten ungewöhnlich viele (5 gegenüber 1 im Vorjahr). Im Kreis Unna war keine Brut mehr festzustellen, dafür aber ein neues Brutvorkommen östlich von Werl (in diesem Feld zuletzt 2009 brütend). Vorwiegend siedelten die Wiesenweihen einzeln oder zu zweit (Nestabstände < 600 m). Nur bei Erwitte-Ebbinghausen gab eine kleine Kolonie mit drei Brutpaaren, deren Nester 80 bzw. 90 m voneinander entfernt waren. Alle „Zweier-Kolonien“ lagen östlich von Soest: bei Oberbergheim (Nestabstand rund 250 m), Langeneicke (etwa 330 m), Geseke (rund 470 bzw. 290 m) und Salzkotten (rund 410 m).

An weiteren Stellen im Bearbeitungsgebiet gab es im Frühjahr Beobachtungen von Wiesenweihen-Paaren. An drei Orten waren die Paare wochenlang zu beobachten, und es gab Beuteübergaben vom Männchen zum Weibchen: in Schachtrup, nördlich von Geseke und im Thülerfeld, ohne dass ein Brutnachweis gelang. Das Paar im Thülerfeld schien aufgrund der Nähe des ausgewählten Getreideschlages zum Modellflugplatz (der erst nach dem kühlen und niederschlagsreichen Mai häufiger in Betrieb war) in das Dichtezentrum westlich von Salzkotten umgesiedelt zu sein. In den beiden anderen Fällen kann ein unentdeckter Verlust von einem angefangenen Gelege nicht ausgeschlossen werden (in einem der beiden Fälle war vielleicht die Mahd die Verlustursache für ein im Feldgras angefangenes Gelege)- sie können deshalb allenfalls als Brutverdachtsfälle gewertet werden.

Aus NRW sind mir bisher fünf weitere Brutplätze der Wiesenweihe aus dem Jahr 2021 bekannt geworden: Kreis Kleve: eine erfolgreiche Brut (M. Hertel), Zülpicher Börde: eine erfolglose Brut (A. Hirschfeld), Rhein-Kreis Neuss: eine erfolgreiche Brut (A. Hirschfeld), Kreis Minden-Lübbecke: eine erfolglose Brut (L. Meckling), Warburger Börde: wahrscheinlich eine erfolglose Brut im Grünland (P. Maciej). Nach bisherigem Kenntnisstand liegt somit der Landesbestand der Wiesenweihe im Jahr 2021 bei 34 Brutpaaren; diese Brutpaarzahl war zuletzt im Jahr 2014 erreicht worden.

Bei der Rohrweihe ist nach vorläufigem Auswertungsstand auch im Jahr 2021 von nur noch knapp 30 Brutpaaren innerhalb des VSG Hellwegbörde auszugehen. Besonders westlich von Soest ist der Bestandsrückgang seit einigen Jahren besorgniserregend. Das größte Dichtezentrum mit fünf bis sechs Brutpaaren befand sich wie in den Vorjahren im NSG Stockheimer Bruch (E. Hennecke); im Umfeld gab es zwei weitere Brutnachweise. Im Raum Schachtrup stellte ich wie im Vorjahr nur noch ein sicheres Brutpaar fest. An einigen Feldkulturen, insbesondere Feldgras, hielten sich zeitweise Rohrweihen brutverdächtig auf, ohne dass es zur Brut kam bzw. konnte nicht zeitig ein Nest mit erstem oder zweitem Ei geortet und kontrolliert werden. Die gewöhnlich ab der zweiten Maihäfte vermehrt auf dem Haarstrang auftretenden, noch nicht brütenden ein- und zweijährigen Rohrweihen, die hier mausernd übersommern, sah ich wie in den Vorjahren in deutlich verminderter Zahl (nach monatlicher Zählung in zwei Probeflächen seit 2006). In der dritten Zählfläche Marsberg-Meerhof auf der Paderborner Hochfläche stagnierten die aktuellen Beobachtungszahlen übersommernder Rohrweihen gegenüber 2020.

Im Bereich der beiden Windenergieanlagen (WEA) Lippetal Unterberg II brüteten erneut Rohrweihen; zwei Brutplätze waren nur rund 240 m bzw. 270 m vom Mast einer der beiden WEA entfernt. Die genannten Greifvogeldaten wurden umgehend der Naturschutzbehörde gemeldet. Der Kreis Soest setzte in Folge wieder auf eine freiwillige Abschaltung durch die Betreiberfirma ProWind, die sich auf niedrige Windgeschwindigkeiten in den Hauptaktivitätszeiten beschränkte.

Steppenweihen wurden in der Brutzeit im Bearbeitungsgebiet nicht beobachtet, nur vereinzelt in der Abzugsphase auf dem Haarstrang bei Robringhausen bzw. Brüllingsen. In den Monaten Mai und Juni sah ich nur dreimal eine Kornweihe: je ein Weibchen bei Oberbergstraße am 12.5. und bei Weslarn am 14.5. sowie ein vorjähriges Männchen nördlich Geseke am 9.6; das erste adulte Männchen sah ich am 1.9. bei Mittelhausen beim Schlafplatzeinflug. Sumpfohreulen wurden in der Brutzeit in der Hellwegregion nicht beobachtet.

Eigene standardisierte Mäuseloch-Erfassungen auf über 150 Stoppelfeldern im Juli und August erbrachten im Schnitt am Hellweg ähnlich wie im Jahr 2020 mittelmäßig hohe Dichten und auf dem Haarstrang im Mittel deutlich höhere als im Tiefland. Auf der Paderborner Hochfläche bei Steinhausen, Etteln, Bad Wünnenberg, Fürstenberg und Marsberg-Meerhof war die Feldmausgradation des Vorjahres abgeebbt, und im Mittel waren es ähnlich viele wie auf dem Haarstrang.

Die Erreichbarkeit vor allem der Feldmäuse war für die Weihen von Ende Mai bis Ende Juni wegen des dichten Wuchses des Wintergetreides und geringer Lagerbildung wahrscheinlich schlecht. Wegen reichlicher Niederschläge kam es auch nicht wie in den Vorjahren zur Ausdünnung von Getreidebeständen auf flachgründigen Böden. Erst ab dem 28. Juni setzte ein und verstärkte sich die Lagerbildung von Wintergerste und Winterweizen, wodurch die Erreichbarkeit der am Boden sich aufhaltenden Beutetiere wohl erhöht wurde. Große offene Jagdflächen in Form von Stoppelfeldern entstanden aber erst infolge der Getreideernte, die relativ spät einsetzte und sich wetterbedingt lange hinzog: in den Tieflagen war erst am 7.7. mehr als 10% und am 18.7. mehr als 50% der Gerstenschläge abgeerntet.

Der mittelmäßige Mäusebestand (nach Zählungen auf Stoppelfeldern) und ein überwiegend kühler und regenreicher Mai dürften wesentliche Ursachen für den relativ späten Legebeginn und unterdurchschnittliche Gelegegrößen von Wiesenweihen und Rohrweihen gewesen sein: alle in der Spanne von 2 bis 5. Anders als in den beiden Vorjahren waren keine vorjährigen Wiesenweihen-Weibchen an Bruten beteiligt.

Wiesenweihen brüteten zum größten Anteil im Wintergetreide: in Wintergerste 17 Nester (plus 2 Ersatzbruten), Winterweizen 5 (plus 1 Ersatzbrut), (Klee-) Gras/Luzerne 5 sowie Triticale 2. Mit insgesamt 55 flüggen Wiesenweihen bzw. 1,9 Jungvögeln pro Brutpaar wurde eine mittelmäßige Fortpflanzungsziffer in Mittel-/Ostwestfalen erzielt. Sieben Erstbruten scheiterten meist in der Eiphase, was drei Ersatzbruten (davon zwei erfolgreich) zur Folge hatte. Vor der regulären Ernte flogen nur 19 (=35%) der 55 Jungvögel aus, so dass 75% der Jungvögel die Einrichtung einer Schutzzone einer Größe von meist 50 x 50 m benötigten, die sie vor dem Mähtod bewahrte. Um fast alle Nistplätze der Wiesenweihe wurden mindestens drei Wochen vor dem Ausflugsdatum Draht-Schutzzäune aufgestellt. Um zwei Nester in Kleegras- bzw. Luzerneschlägen wurden Elektro-Schafzäune angebracht: ein angefangenes Gelege scheiterte, im zweiten Fall flogen zwei Junge aus. Bis auf einen wurden alle Jungvögel der Wiesenweihe beringt und fast alle erhielten zusätzlich einen weißen Farbring mit zwei Ziffern, die unter geeigneten Bedingungen mit einem Spektiv ablesbar sind.

Die 14 in landwirtschaftlichen Kulturen entdeckten Nester der Rohrweihe verteilten sich auf: Winterweizen 5, Wintergerste 3, Triticale 3 und Feldgras 3. Der Bruterfolg der Rohrweihe (insgesamt 21 Flügge) war mit 1,5 pro Brutpaar wie im Vorjahr niedrig. Der geringe Bruterfolg resultierte vor allem aus Totalverlusten infolge von Nestprädation (n=7) bzw. Verlusten im Zusammenhang mit der Grasmahd (n=4). Nur 5 Junge (= 24%) wurden ohne Schutzmaßnahmen groß; weitere 6 (=29%) flogen dank Schutzzaun und Ernteschutzzone aus, 7 (=33%) profitierten von der Anbringung eines Schutzzauns im Nestlingsstadium (zweimal Drahtzaun, einmal Elektrozaun) und 3 (14%) einer Brut überlebten dank zweifacher Umsetzung; zuerst wegen Lagergetreide am Nest, dann wegen Ernte wenige Tage vor dem Ausfliegen des Nesthäkchens.

Alle Landwirte bzw. Bewirtschafter von Feldern mit noch nicht flugfähigen Jungvögeln zum Erntebeginn beteiligten sich bereitwillig am Schutzprogramm. Sie erhielten den Ertragsausfall für die eingerichteten Schutzzonen einer Größe von meist 50 x 50 m aus Landesmitteln erstattet. Insgesamt ergab sich eine hohe Zahl von 17 Schutz-Vereinbarungen mit 14 Bewirtschaftern. Die 17 Schutzzonen verteilen sich auf: Gerste 13, Weizen 2 und Kleegras/Luzerne 2. Es wurden im Jahr 2021 keine neuen Weihennester bei der Ernte gefunden und gemeldet, die uns vorher verborgen geblieben waren.

Auch in dieser Brutsaison gelangen zahlreiche Ablesungen von markierten Wiesenweihen. Ein erfolgreich brütendes Weibchen trug eine Flügelmarke aus Mainfranken und brütete nun schon das fünfte Mal in Folge in dieser Feldflur erfolgreich. Bei mindestens drei Brutweibchen waren fremde Farbringe ablesbar. Eines der drei Weibchen wurde auf dem Nest von einem Säugetier getötet, was sehr selten vorkommt, weil die Weihen ein sehr gutes Gehör haben. Ein polnisches Weibchen mit rotem Farbring, das im Jahr 2020 erfolgreich bei Geseke gebrütet hatte, machte in diesem Jahr einen Brutversuch in der Zülpicher Börde (A. Hirschfeld). Häufig wurden weiße Farbringe an Altvögeln abgelesen, die seit 2006 den meisten, in den letzten Jahren allen nestjungen Wiesenweihen in der Hellwegregion angelegt worden waren. In diesem Jahr trugen ungewöhnlich viele Brutvögel überhaupt keinen Ring oder nur einen Metallring. Es gab in diesem Jahr also deutlichen Zuzug aus anderen Brutgebieten, denn Wiesenweihen werden selten älter als 10 Jahre. 

Schlafplatz-Gemeinschaften von Weihen fand ich wie in den Vorjahren von Juli bis August vor allem entlang der B1 und auf der Nordabdachung des Haarstranges, meist in Feldfluren, die überwiegend schon in den Vorjahren zum Schlafen genutzt wurden. Die Belegungszahlen waren wie in den drei Vorjahren meist mäßig hoch (selten mehr als zehn Wiesen- und Rohrweihen an einem Abend einfliegend) und sanken wie im Vorjahr ab Mitte August deutlich ab. Schlafplätze befanden sich vor allem in noch nicht abgeerntetem Winterweizen, ansonsten und vor allem später in der Saison in grasbetonten Brachen und Zuckerrüben-Feldern. Die größten Übernachtungs-Gesellschaften befanden sich im Raum von Mittelhausen bis Salzkotten.

Während meiner Weihenerfassungen im Jahr 2021 stellte ich ab dem 15.5. an sechs Stellen Grauammern mit Revierverhalten fest: Lohner Klei, nördlich Domhof, nördlich Westereiden (nördlich und südlich der A 44), nordwestlich Hoinkhausen und nördlich von Oestereiden. Intensive Brutzeiterfassungen durch P. Hundorf, S. Neißkenwirth und R. Joest erbrachten im VSG Hellwegbörde insgesamt erfreuliche deutlich Zunahme auf rund 30 Reviere- offenbar ein Erfolg des gesteigerten Angebotes von Brachen und anderen extensivierten Flächen in diesen Feldfluren. Rohrammern verhörte ich wie schon in den Vorjahren nicht mehr im Agrarland. Allerdings entdecke ich wie in den beiden Vorjahren einige neue Brutplätze von Schwarzkehlchen in der offenen Feldflur. Turteltauben stellte ich wie in den Vorjahren nur ausnahmsweise (viermal) und Wiesenpieper sehr selten singend oder Junge fütternd fest. Rufende Wachteln waren nur mäßig häufig (noch weniger als im Vorjahr) bei den Weihen-Erfassungen zu vernehmen. Wie schon im Vorjahr sah ich von Ende Juli bis Anfang September relativ große Ketten von Rebhühnern. Im Mittel umfassten die Ketten (hier nur solche mit mindestens einem Jungvogel gewertet) mit meist zwei zwei Altvögeln im Jahr 2021 10,5 Individuen (Spanne 6-16; n= 13) und im Jahr 2020 11,8 (3-16, n=16). Es gab in beiden Jahren vereinzelt reine Altvogeltrupps mit 3, 4 oder 6 Individuen.