Knoblauchkröten entlang der Lippeaue
Veröffentlicht amEin Förderinstrument der EU sind LIFE-Projekte. Ein besonderer Typ ist ein Integriertes LIFE-Projekt. Um ein solches handelt es sich, welches sich unter dem Titel „Atlantische Sandlandschaften“ die Förderung von FFH-Arten und -Lebensraumtypen von Sandregionen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens zum Ziel gesetzt hat. Auch im Kreis Soest konnten dadurch, speziell zur Förderung der Knoblauchkröte und des Kammmolches, seit 2016 zahlreiche Bodenbewegungen zur Schaffung geeigneter Lebensräume durchgeführt werden.
Gleichzeitig wurden seit 2015 aus einer alten Population von Knoblauchkröten (Pelobates fuscus) bei Lippstadt Einzeltiere entnommen und zur Fortpflanzung in eine Außenstelle der NABU-Naturschutzstation Münsterland verbracht. Nach erfolgreicher Aufzucht unter geschützten Bedingungen konnten seit 2015 in mehreren neuen Kleingewässern am Rand der Lippeaue insgesamt etwa 14000 Kaulquappen für die Gründung neuer Populationen eingesetzt werden. Die „altbekannte“ Quellpopulation an der Rothen Beeke bei Lippstadt wird derzeit wieder untersucht und vielleicht können erneut einzelne erwachsene Tiere zum Ablaichen nach Enniger verbracht werden.
Eine Frage steht nun im Raum: Gibt es 2021 fortpflanzungsfähige Knoblauchkröten in ehemals unbesiedelten Teilen des Kreises Soest? Für ihre Beantwortung haben sich Anfang letzter Woche (bei bestem Amphibienwetter) eine ansehnliche Gruppe ehren- und hauptamtlicher Mitarbeiter der ABU mit Unterstützung der FÖJler des Kreises Soest an den Aufbau von über 500 m Amphibienzäunen gemacht. Sechs Stillgewässer in vier Gebieten wurden mit den dunkelgrünen Matten umzäunt und etwa alle 7 Meter wurden Eimer in den Boden eingelassen, um ein Abfangen der anwandernden Tiere zu ermöglichen. Diese haben nämlich im Frühjahr den Drang, ihren Frühlingsgefühlen zu folgen und sich des Nachts für Paarung und Laichablage in die Teiche zu begeben. Stoßen sie auf den Zaun, versuchen sie um ihn herumzukommen und fallen nach ein paar Metern in einen der nummerierten Eimer. Aus ihnen lassen sie sich bequem an jedem Morgen auf Art und Geschlecht bestimmen und werden anschließend auf der anderen Zaunseite in das Gewässer entlassen. Dieses Vorgehen ermöglicht nicht nur die Erfassung der verschiedenen Amphibienarten eines Gebietes, sondern auch die Richtung aus der sie anwandern.
Das Hauptziel der Untersuchung ist jedoch die Erfolgskontrolle der Maßnahmen des Integrierten LIFE-Projektes, als da wären die Anlage oder Optimierung von Habitatkomplexen der EU-weit äußerst seltenen Knoblauchkröte. Stellen sie doch Trittsteinbiotope zur Erweiterung des Verbreitungsgebietes nach Westen dar. Und zur Freude des gesamten Teams wurde tatsächlich am 14.03. das erste Knoblauchkrötenweibchen auf einem umgestalteten ehemaligen Maisacker bei Schoneberg verzeichnet. Ein wirklich erfreulicher Nachweis und guter Ansporn für die Zaunkontrolle bei nasskalter Witterung. Bis zum Abbau der Zäune Ende April werden hoffentlich noch weitere Seltenheiten „ins Netz“ gehen. So wurde auch schon mehrfach der ebenfalls gefährdete Kammmolch (Triturus cristatus) nachgewiesen. Er ist als seltenste heimische Molchart auch durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtline (FFH-Richtlinie) der EU besonders geschützt und scheint gleichermaßen von der Neuanlage der Gewässer in der renaturierten Lippeaue zu profitieren.
Link zum IP Life-Projekt "Atlantische Sandlandschaften"
Hendrik Wulff und Luise Hauswirth